السبت، 2 سبتمبر 2023

Download PDF | Emperor of the East Manuel II Palaeologus_ Karl Förstel - Dialoge mit einem Muslim. Kommentierte griechisch-deutsche Textausgabe-Echter_ Oros (1993).

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412 Pages 


Einleitung 

1. Manael 11.: Persönlichkeit; gescbicbtllclaes  Umfeld. 

Manuel  Il.  ist  einer  der  bedeutendsten  und auf jeden  Fall  der  sympathischste 

Herrscher  aus  der  Familie  der  Palaiologen.  Er  vereinigte  politische  Klugheit  und 

Tatkraft  mit einem  leidenschaftlichen  Intereße  an der  antiken Literatur und ihrer 

Nachahmung,  an  Philosophie  und  Theologie:  ein  christlicher ßumaoist  auf  dem 

Kaiserthron  des im Unglück versinkenden  Staates.  Die  Verbindung  dieser  so gegensätzlichen  Eigenschaften  hat  schon  die  Bewunderung  der  Zeitgenossen  erregt 

und auch in neuerer  Zeit  Forscher zur Beschäftigung mit ihm veranlaßt

1

Die verzweifelte  Lage des Staates  machte  es dem Prinzen  und  Kaiser  sein ganzes 

Leben  hindurch  sehr  schwer,  seinen  literarischen  und  philosophisch  -theologischen  Neigungen  nachzugehen.  Manuel  wurde  am  27.  Juni  1350  als 

zweiter Sohn des Johannes  V. Palaiologos und  der  Helene  Kantakuzene  geboren. 

Zu  der  Zeit,  als  er  in  die  Politik  eintrat  - 1369 wurde  er  von  seinem  Vater  als 

Despot  in Thessalonike  eingesetzt  -, war  das Kaiserreich  nur  noch  ein  Kleinstaat 

ohne  wirtschaftliche  und  militärische  Kraft,  abhängig  von  auswärtigen  Mächten: 

von  den  Republiken  Genua  und  Venedig,  die  mittels  Handelsprivilegien  und 

Niederlassungsrechten  den  lukrativen  Seehandel  beherrschten;  von  den 

osmanischen  Türken,  die  von  Bithynien  ausgehend  in  den  letzten  20 Jahren  das 

ganze  byzantinische  Thrakien  erobert  hatten  und  in  unaufhaltsamem 

Eroberungsdrang  immer  weiter  vorrückten.  1371 vernichteten  sie  ein  serbisches 

Heer  in  der  Schlacht  an  der  Maritza  und  beherrschten  seitdem  auch  die 

makedonischen  Länder.  Der  byzantinische  Kaiser  war  jetzt  ganz  von  der  türkischen  Übermacht  umgeben  und  praktisch  auf  Konstantinopel,  ein  kleines  Gebiet 

am  Marmarameer  und  einige  Inseln  in  der  nördlichen  Ägäis  beschränkt;  die 

Besitzungen  außerhalb  der  Hauptstadt  und  ihrer  Umgebung,  Thessalonike  und 

Morea  - Mistra,  waren  auf  dem  Landweg  nicht  mehr  zu  erreichen  und  mußten 

unter  der  Herrschaft  von  Despoten  aus  der  kaiserlichen  Familie  in  ständiger 

Auseinandersetzung  mit  Türken  bzw. lateinischen  und  griechischen  Lokalfürsten 

ums  Überleben  kämpfen.  Der  Kaiser  war  fortan  als  Vasall  dem  osmanischen 

Sultan zu Tributzahlung  und  Heeresfolge  verpflichtet.  Rettung  vor  der  türkischen 

Bedrohung  konnte  nur  noch  vom  Papst  und  den  katholischen  Staaten  Europas 

kommen, und diese  ~rbanden  du Venprec:ben wo Unterstützung gewöhnlich 

mit der Forderung  nach ICircbemmion.  d.b. mdl der Unterwerfung der griechisch • 

orthodoxen unter  die r6miscb  • katholische Kirche.  So haben  Johannes  V„ Manuel 

und die beiden ihm nachfolgenden  Söhne immer wieder Hilfe im katholischen Europa gesucht und über  die  Kirchenunion -..erhandelt  Aber diese Versuche  waren 

mm Scheitern verurteilt;  denn  die abendllndiscben  Staaten  waren  zu einer  massiven, llnger  andaue~n  Unterstützung nicht  willens  oder  in  der  Lage,  und  die 

Kirchenunion ließ  sich beim byzantinischen Volk, Klerus und  Mönchtum  nicht 

durchsetzen. 

Gleich  am Anfang seiner politischen Tltigkeit wurde  Manuel  in die langanhaltenden Thronstreitigkeiten  hineingezogen, die  Johannes  V. mit seinem lltesten  Sohn 

und  designierten  Thronfolger Andronikos und  nach  dessen  Tod  (1385)  mit  dem 

Sohn des Andronikos, Johannes,  auszufechten  hatte.  Die  Auseinandersetzungen 

wurden von  den  um den Besitz der Insel Tenedos  streitenden  Genuesen  und 

Venezianern ausgelöst  und gefördert,  aber  in  allen  Phasen  vom  osmanischen 

Sultan entschieden. Als 1371 Johannes V. auf der Rilckreise von Rom  in Venedig 

festsaß,  weil  der als Regent  in  Konstantinopel  fungierende  Andronikos  die 

Abtretung  der  Insel  an  die  Venezianer  verweigerte  und  auch  kein  Geld  für  die 

Heimreise  schicken  wollte,  eilte  Manuel  aus Thessalonike  herbei  und  erlöste  den 

Vater  aus seiner peinlichen Lage. 1373 machten  Andronikos  und  Sultan  Murads 

Sohn  Saudi gemeinsam ,len Versuch, die  Herrschaft  ihrer  Väter  zu  stürzen.  Der 

Versuch scheiterte;  Andronikos wurde mit  seinem  Sohn  Johannes  eingekerkert 

und Manuel  zum Mitbiser und Thronfolger  ernannt  1376 gelang  Andronikos  und 

seinem Sohn  mit  Hilfe  der  Genuesen  in  Galata  die  Flucht.  Er  drang  mit 

genuesiscber  und türkischer  Unterstützung in Konstantinopel  ein, setzte  Johannes 

V., Manuel  und  seinen Bruder Theodor im gleichen  Anemas-Turm fest. in dem  er 

gefangen gewesen war, und  ließ sieb (als Andronikos  IV.) zum Kaiser  krönen.  Drei 

Jahre splter entkamen Johannes V. und seine Söhne  mit venezianischer Hilfe  aus 

dem Geflngnis und bemlchtigten sich, von türkischen  Truppen  unterstützt,  der 

Stadt Andronikos floh mit Mitgliedern der kaiserlichen Familie  als Geiseln  nach 

Galata. 1381 wurde der Streit beigelegt: Andronikos erhielt  die Anwartschaft auf 

den Thron zurilck und wurde mit dem Gebiet am Marmarameer ausgestattet. 

Manuel, der dabei übergangen worden war, begab sieb  1382  heimlich  nach 

Thessalonike, wo er S Jahre lang im Gegensatz zur Politik seines Vaters  den 

Türken feindlich entgegentrat,  nach kleineren Anfangserfolgen  aber  scheiterte:  die 

Stadt  ergab  sich  nach mebrjlhriger Belagerung 1387. Manuel  floh  nach Lesbos 

und Tenedos, wurde vom Sultan in  Brusa  freundlich  empfangen,  aber  von seinem 

Vater nach  Lemnos  verbannt  1390  wiederholte  Jf\banoes,  der  Sohn  des 

Andronikos, mit genuesischer  und  türkischer  Hilfe den Staatsstreich und nahm für 

einige  Monate  (als Johannes VII.) den Thron ein.  Manuel kam seinem Vater zu 

Hilfe  und  vertrieb  Johannes  VD. mit  Unterstützung  der  Johanniter  von  Rhodos. 

Nach dem türkischen  Sieg über  die Serben auf dem Amselfeld  1389 wurde  die Abhängigkeit  der Byzantiner von den Türken  noch enger.  Manuel  und Johannes  VII. 

mußten,  jeder  mit  einem  eigenen  Truppenkontingent,  Sultan  Bajezid,  dem  Nachfolger  des  in der  Schlacht  gefallenen  Murad  1„ Heeresfolge  in  Kleinasien  leisten. 

Als  Johannes  V. im Februar  1391 starb,  eilte  Manuel  nach  Konstantinopel,  um 

sich  vor  seinem  Konkurrenten  die  Herrschaft  zu sichern.  Noch  im  Sommer 

desselben  Jahres  mußten  er  und  Johannes  VD. wieder  als  Vasallen Bajezids die 

türkische  Armee  auf einem  langen Feldzug  in Paphlagonien  und  Pontus  begleiten. 

Von  den  Strapazen  und  Gefahren  der  bis  in  den  Winter  hinein  reichenden 

Expeditionen  geben  mehrere  Briefe  Manuels  eine  lebendige  und  bewegende 

Schilderung2; bei  einem  längeren  Aufenthalt  in Ankyra führte  der  Kaiser  die 

Gespräche  mit  dem  muslimischen  Theologen.  Der  Neffe  und  Thronprätendent 

JÖhannes war für  Manuel  noch  lange  eine  Gefahr.  1394 begann  Bajezid  die  8 

Jahre  dauernde  Belagerung  Konstantinopels  mit dem  Vorwand,  Johannes  VD. zu 

seinem  Recht zu verhelfen.  Erst  1399 fand eine Aussöhnung  statt. Während seiner 

ganzen  Regierungszeit  (1391 - 1422, als ihn  ein  Schlaganfall  traf;  er  starb im Juli 

1425)  bemühte  sich  Manuel  bei  den  westlichen  Staaten um militärische Hilfe 

gegen die Türken.  1396 wirkte er mit am Zustandekommen  des von Sigismund von 

Ungarn  angeführten  Kreuzzugs,  der  aber  bei  Nikopolis  an  der  Donau  in  einer 

katastrophalen  Niederlage  endete.  Berühmt  ist  seine  Reise  an  den französischen 

und  englischen  Königshof  1400 - 1403, die von  diplomatischen  Initiativen  bei  den 

Königen  Spaniens  und  bei  anderen  Fürsten  begleitet war. Auch  in  der· auf  die 

Schlacht  von  Ankyra  (1402)  folgenden  Epoche  relativen  Friedens, während der 

Nachfolgekämpfe  der  Söhne  Bajezids  und  der  inneren  Konsolidierung  des  osmanischen  Staates  unter  Mechmed  L, setzte  er  die  diplomatischen  Bemühungen 

bei  den  katholischen  Mächten  fort.  Nach  dem  Tod  seines  Bruders  Theodor,  des 

Despoten  von  Morea,  1407  sicherte  er  den  byzantinischen  Besitz  in  der 

Peloponnes  durch  die  Wiedererrichtung  der den  Isthmos von Korinth  schützenden 

Mauer  und durch  die Unterwerfung  der unbotmäßigen  Lokalfürsten. 

Von  den  Schwierigkeiten,  die  sich seinem Bildungsdrang  entgegenstellten,  spricht 

Manuel am Anfang einer an Alexios Jagup gerichteten theologischen  Abhandlung. 

verfaßt wahrscheinlich  nach 1403

3

• Es ist bei aHer Rhetorik ein  ergreifendes Zeug• 

nis: 

•·-Als ich ein Kind war, war es mir nicht möglich, nur Stltten der Musen zu besuchen und dies zu meiner einzigen  Tltigkeit zu machen,  um jeden  Weisen  zu übertreffen  und die Leute, die sich mit ihrer  (literarisch-rhetorischen)  Bildung  brüsteten. Sondern wenn  icb .. aus dem Unterricht (?) kam, erwarteten  mich immer  neue 

Mühsale.  Ich mußte oft tlglich  die Lehrer wechseln, und diese lehrten  mich  viele 

andere Dinge, Bogen und Speer zu gebrauchen  und  zu reiten. Als ich die Kindheit 

hinter mir hatte, empfing mich, bevor ich ins Mannesalter  eintrat,  ein  anderes  Geschick, voll von Belastungen und Unruhen, das durch  viele Anzeichen zu erkennen 

gab, da8 das darauf  folgende  Geschielt die  Vergangenheit  als  strahlende 

Schönwetterperiode  erscheinen lassen würde ·-Danach (1376 - 1379) hielt mich Gefangenschaft  fest, zusammen mit  dem  Vater 

und Kaiser und  auch  dem  Bruder.  Alle, die sich in einer  solchen  Lage  befinden, 

müssen sich vielfältigen Tätigkeiten widmen,  um wenigstens  zu einem  kleinen  Teil 

die Wollte der Mutlosigkeit zu  vertreiben  und  nicht  völlig  zu  verzweifeln  gegenüber  den  vorhandenen  und  befürchteten  Übeln,  da  das  nicht  männlich ist. Ich 

beschloß also damals, diese Tltigkeit: das Lesen von Büchern,  dauernd  auszuüben, 

bei  Nacht  und  am Tag, nachdem  ich  meine  Pflicht  gegenüber  Gott  erfüllt  hatte. 

Doch was rede ich von Tag? Es herrschte  dort  ständig  lichtloses  Dunkel.  Deshalb 

mußte, wer  irgendeine Tätigkeit ausüben  wollte,  eine  Lampe  benutzen;  so  sehr 

vermochte  das Gefängnis von  uns  auch  am  hohen  Mittag  die  Sonnenstrahlen 

femzubah„n,  wie sonst auf der  Erde die Nacht (die Sonnenstrahlen)  von den  Menschen (fembll.lt), die außerhalb  eines  Gefängnisses  leben.  Da  ich  keinen  Lehrer 

hatte,  konnte  ich nicht  den  maximalen  und  meinen  vielen  Mühen  entsprechenden 

Nutzen aus der Lektüre ziehen.  Aber  durch  die  ununterbrochene  Arbeit  pflanzte 

sieb mir eine ganz gebieterische  Liebe  zur  Bildung  in die  Seele  ein.  Sie gewann  so 

völlig die Oberhand,  daß  sie mich nicht  nur  zu ihrem  Verehrer,  sondern  zu  ihrem 

rasenden  Liebhaber  machte. 

Als drei Jahre vergangen  waren  und mit Gottes  Hilfe  alles, was uns  niederhielt, 

beseitigt war und wir wieder die frühere  Stellung  innehatten,  mußte  ich auch  dann 

ständig die Waffen  gebrauchen  und war auch  oft gezwungen,  von  einem  Ort  zu ei-

nem  anderen  zu  eilen,  manchmal  unter  Lebensgefahr.  Denn  das schlimme Geschick gewährte mir auch  nicht  einen kurzen Waffenstillstand. Aber nachdem  ich 

einmal  von  dem  Verlangen nach Bildung  ergriffen war, konnte  ich diese liebe 

nicht  aufgeben.  Sondern  ich sah das Geschick als Wettkampfgegner, die  von  der 

Bildung kommende  Hilfe als Trainer an. So versuchte  ich, durch die Fortschritte in 

der  Bildung  den Gefahren zu widerstehen  und  durch  das  Widerstehen  gegenüber 

den  Gefahren  in  der  Bildung  Fortschritte  zu  machen.  Daher  mußte  ich  auch, als 

ich Fortschritte gemacht  hatte,  Männer  suchen,  die  mir  beim  Erreichen  meines 

Zweckes  behilflich  sein  konnten.  Das  gelang mir; denn  ich traf  Männer, die 

geradezu  göttliche  Begnadung  und  Unterstützung  genossen und  in der äußeren ( = 

nicht-theologischen)  Weisheit genügend gebildet waren. ... ". 

Manuels  Lehrer bzw. Mentoren  waren  herausragende  Gestalten  im  Geistesleben 

der  Zeit.  Neben  dem zu seiner  Zeit  berühmten  Lehrer  der Rhetorik  und literatur, 

Konstantinos  lvankos

4

,  ist  vor  allem  Demetrios  Kydones  zu  nennen,  der  große 

Gelehrte,  Theologe  und  Staatsmann,  Minister  unter  Johannes  VI. Kantalruzenos 

und Johannes V., Übersetzer  der beiden  Summen  des Thomas  von Aquin  und  anderer  scholastischer  und  patristischer  Werke

5

• Das  Lehrerverhältnis  zu  Manuel 

ging in  eine  dauernde,  enge  Freundschaft  über.  Davon  zeugt  der  intensive  Briefwechsel  zwischen  beiden

6

• Demetrios  nennt  Manuel  mehrmals  bewundernd  in 

Anlehnung  an  Platon  den  'Philosophen  - König'7

• Als Mentor  Manuels  kann  man 

wohl  auch  den  mit  Demetrios  Kydones  etwa  gleichaltrigen  gelehrten  Theologen 

und Mystiker Nikolaos  Kabasilas  Chamaetos  ansehen,  mit dem  Manuel  nach Ausweis  der  an  ihn  gerichteten  Briefe  freundschaftlich  verbunden war8. Zu  den  gelehrten  Freunden  Manuels,  die  seine  Altersgenossen  waren,  gehörten  Manuel 

Chrysoloras,  der  wichtige Vermittler  der  griechischen  Sprache  an die italienischen 

Humanisten  und  der  Gesandte  Manuels an europäische Fürstenhöfe  und Republiken, und  Demetrios  Chrysoloras

9

• Andere  Zeitgenossen  haben ihn bewundert,  wie 

der  Philosoph  Gemistos  Plethon  und der junge  Bessarion,  der  bei  seinem  Begräbnis die Lobrede  auf ihn hielt

10

Barker  zieht  aus  einem  Vergleich  Manuels  mit  anderen  byzantinischen  Kaisern 


das Fazit: "None of the Emperon,  with  all their respective literary  achievements, 

ever attained  quite the  same status u did Manuel as an equal  of  tbe cultural 

leaders  of bis day, as one of the principal active amtributors  to tbe  intellectual  life 

of bis epocb. At once a great statcsroan  '111d  a major Byzantine literary  figure, 

Manuel, among bis fellow &uifns. is almost unique."

11 

2. Ort und Zelt der c:;esprlcbe. Zelt der Abl'assuna des Werks. Die Person  des 

Muterlzes.  . 

Die Gespriche  mit  dem  muslimischen  Theologen,  über  die  Manuel in  seinem 

Werk berichtet, fanden  am Ende des Feldzugs  von 1391, wahrscheinlich  im Dezember, in Anltyra statt.  Der Ort ergibt sich aus  dem Titel und  aus  dem  Vorwort 

der Schrift. Die  Zeit hat Trapp richtig bestimmtu.  Von  den  beiden  Expeditionen 

Bajezids in Kleinasien, an denen Manuel  teilnahm,  kommt  nur  die  von 1391 in 

Frage, da im  Il.  Dialog  von  Johannes  V.  als  verstorbenem Kaiser gesprochen 

wird13

• Manuel verließ Konstantinopel am 8.6.1391 und  kehrte am 5.1.1392 zu. 

rück

14

•  Am Ende  des XXIV. Dialogs  spricht  Manuel  von  der  Absicht  des 

'Satrapen'  ( •  Sultans), sehr  bald den Heimweg  anzutreten;  gegen Ende  des XXVI. 

Dialogs  teilt  er  mit, daß ein plötzliches  Unwetter  den  Aufbruch  um  einige  Tage 

verzögerte

15

• Von  Schneesturm  und  Unwetter,  das sogar  das Jagen  verhindert,  ist 

am Anfang des V. und XXI. Dialogs  die  Rede

16

• Die Datierung  der  Gespräche  auf 

das Ende  des Feldzugs,  etwa  auf Dezember 1391, wird bestätigt  durch  die  Angabe 

in Manuels 20. Brief, man sei  nach  einem  längeren  Plünderungszug  östlich  des 

Halys nach Ankyra zurückgekommen  und werde  bald die Heimreise  antreten

17

• 

Die  Abfassungszeit  des Werks  läßt  sich auf  die Jahre  zwischen 1392 und 1399 eingrenzen18. Sie muß vor  der  Schlacht  bei Ankyra 1402 liegen,  da  Bajezid  im  Vorwort  als  die  Byzantiner  bedrohender  Feind  erwähnt  wird

19

• Wahrscheinlich  fällt 

sie auch  nicht in die Westreise  des Kaisers. Da  ferner  Manuel  im Vorwort sagt, die

Gespriche bitten  "unllng.\t" stattgefunden1.0, wird  man  sie  innerhalb  dieser  Zeitspanne nlher an den Anfang  rücken. 

Der  Theologe,  mit dem  Manuel  die Gespräche führte, wird von ihm Muterizes  ( = 

arabisch mudarris 'Lehrer')  genannt  und  als hervorragender  muslimischer  Gelehrter  und  einflußreicher  Lehrer  von fürstlichem Rang beschrieben21. Er war vor kurzem  aus Babylon,  d.b. Bagdad,  gekommen  und  stand  in Ankyra in höchstem Ansehen. "Denn an  seiner  Zunge  hingen  alle  Richter und Lehrer  der  dortigen  Weisheit "

22 

Manuel  bezeichnet  ihn oft als 'Perser';  das ist bei ihm meist,  aber  nicht immer,  eine  antikisierende  Benennung  der Türken

23

•  Der Muterizes benutzt 

IJUU1chmaJ  im Gespräch  mit  seinen Söhnen und  Begleitern,  wenn  er  nicht will, daß 

die  türkischen  Dolmetscher  das Gesagte verstehen, die  arabische  und  persische 

Spracbe24. Die  Kenntnis  des  Arabischen  ist für einen  mns)imiscben  Theologen 

selbstverständlich;  ob  sich aus  dem  Gebrauch  des  Persischen  eine  andere  als  die 

türkische  Nationalität  erschließen 118t, muß offen bleiben. 

3. Das Werk: Zu Fol'DI ud Inlaalt;  Ste1111111  1a der byzantinischen Polemik aeaen 

den Islam; Philosophie und 1beoloaleForm  und  Inhalt  der  Dialoge  sind von Trapp  gründlich  besprochen  worden

25

• Ich 

beschränke  mich  deshalb  hier  auf einführende  und  ergänzende  Bemerkungen.  Die 

Unterredungen  sind  in  26 Dialoge  von  unterschiedlicher  Länge gegliedert1.6. Die 

ersten  20 Dialoge  werden  durch  Angaben  der  Tageszeit  an  Anfang  und  Ende  auf 

einzelne  Tage  verteilt  und  durch  eine  Zeitspanne,  einen  Teil  der  Nacht  und 

manchmal  auch  des  Tages,  voneinander  abgesondert;  2  Dialoge,  der XVI. und 

XVII.,  finden  am  gleichen  Tag  statt,  nur  durch  die  Einnahme 4er Mahlzeit  getrennt.  Danach  wird nur  noch  zwischen dem  XXII. und  XXIII.  Dialog  eine  Unterbrechung  angegeben. Am Ende  des XXVI. Dialo~ erwähnt  Manuel  weitere  durch 

die  unerwartete  Verzögerung  der  Abreise  veranlaßte  Gespräche  und  gibt  einen 

summarischen  Bericht Ober die Erldirung der Eucharistie

27

• Was Manuel  daran 

gehindert  hat,  die letzten  Dialoge  in eine  lhnliche  Umrahmung  wie  die  vor• 

hergehenden  zu stellen und dem ganzen Werk  einen  formalen  Abschluß  zu geben, 

wissen wir nicht

28

• Einige sehr  lebendige  Schilderungen  der  Gesprächssituation, 

wie am Anfang des  V„ X. und XV. Dialog.,, die  sicher auf wirkliche  Erlebnisse  zu. 

rückgehen,  können leicht den Eindruck hervorrufen,  daß  auch  die  Aufteilung  und 

Zeitbestimmung  der [)ja)oge einigermaßen  die tatsächliche  Abfolge  der  geführten 

Gespräche wiedergibt

29

. Doch das ist keineswegs  sicher;  die  ganze  antike  und by· 

zantinische üteraturtradition  spricht  viel  eher  für eine  fiktive Gesamtkomposition 

mit realistischen  Einlagen.  Der  Zusammenhang  zwischen  den  Dialogen  wird 

mehrmals  dadurch  hergestellt,  daß  am  Ende  einer  Unterredung  das  Thema  der 

nächsten angeschlagen  oder  in  einer  'Regie'•  Bemerkung  von  einem  Gesprächs• 

partner angekündigt wird

30

• 

Nach  dem  Inhalt  lassen  sich polemische  und  apologetische  Dialoge  unterscheiden. 

Die  ersten  9  Unterredungen  sind  der  Widerlegung  der  islamischen  Religion  ge• 

widmet,  die  übrigen  17 enthalten  Rechtfertigung  und  Begründung  einiger  Hauptdogmen des  Christentums;  aber  apologetische  Abschnitte  finden  sich  auch im polemischen  Teil, so die  Darlegung  über  die  menschliche  Glückseligkeit  im  IV. und 

die  über das Verhältnis  von  Glauben  und  Erkenntnis im IX. Dialog3

1

• Daß  die 

Anordnung  der  einfacheren  Polemik  vor  der  schwierigeren  Apologetik  besser  ist 

als  die  umgekehrte  Reihenfolge,  die  Kantakuzenos  bietet,  betont  Trapp  mit 

Recht3

2

• Die  Bedeutung  von  Manuels Werk, die  es  über  alle  vorhergehenden 

antüslarnischen  Schriften  hinaushebt,  liegt  nicht  in seinem  beträchtlichen  Umfang. 

sondern  in  der  ausführlichen  Begründung  der  vorgebrachten  Thesen  mit 

Argumenten,  die  fast intmer  rhetorisch  brillant  sind,  oft  aber  auch  eine 

tiefergehende  philosophische  bzw. theologische  Relevanz  haben. Das  gilt  vor 

allem filr die polemischen,  aber zum Teil auch filr die apologetischen  Dialoge. Als 

große  Musterstücke  guter  Argumentation  seien genannt:  die Erörterung Ober das 

Wesen  des  Glaubens  und  seine  Unvereinbarkeit  mit vollständiger Erkenntnis  in 

Dialog  IX  und  der  Beweis  der  Notwendigkeit  der Inkarnation  Ouisti filr  den 

göttlichen  Heilsplan  in den  Dialogen  XXI - XXIV. Die Hlufung von Stellen  aus 

dem  Alten  und  Neuen  Testament  zum Beweis christologischer  Dogmen  in  den 

Dialogen  XI  - XIV mag aus der  Perspektive  eines  heutigen Lese~ unangt!bracht 

erscheinen;  doch in einer  Zeit, in der jedes  Wort der Heiligen Schrift als von Gott 

inspiriert  galt,  war  dies  wohl  das  einzige  theologisch  akzeptable 

Beweisverfahren

33

• 

Die Hauptthemen  der antiislamischen  Polemik und  erst recht  die  der  christlichen 

Apologetik  waren  seit  langem  vorgegeben;  aber  in  den  polemischen  Dialogen 

bringt  Manuel  einiges  Neue.  Der Kaiser kannte,  wie  er im Vorwort sagt, die 

Schriften  seiner  Vorgänger;  besonders erwähnt er das Werk seines  Großvaters 

Kantakuzenos34

• Über Vorgänger  und  Quellen  Manuels  in  den  einzelnen  Abschnitten  seiner  Islampolemik  sei  folgendes  bemerkt. 1,2 (p. 9,22 sqq.  Tr.):  Der 

Vorwurf, die  Christen  hätten im Interesse  ihrer  Religion  das  Alte  und  Neue  Testament verfälscht, geht auf Koranstellen  zurück (5,14 sq.; 61,6) und ist bei den Byzantinern  seit dem Anfang der  Islampolemik bezeugt

35

; Manuel widerlegt ihn mit 

Berufung  auf  den  Bericht  des  sogenannten  Aristeasbriefes  über  das  Zustandekommen  der  Septuaginta  - Übersetzung,  der  allerdings fiktiv ist36. 1,3 (p. 10,29 

sqq. Tr.):  Der  Muterizes  behauptet,  daß wie die  anderen  Geschöpfe  so auch  die 

Engel  sterben  und  auferstehen.  Diese  lehre  findet  sieb bei  Ricoldo  - Kydones, 

Kantakuzenos und  Raimundo  Lullo

37

• Manuel  bekämpft  sie mit· der  Angelologie 

des Gregor von Nazianz38. D.3 (p. 18,22 sqq. Tr.):  Der Muterius legt  dar,  daß 

nach dem }Onpten Gericht die schon verurteihen rechtg}Aubigen Sünder  durch die 

Fürspracbe M"barnmeds bei Cliristul fast alle aus der Hölle gerettet  werden  und 

gibt dabei eine kurze Beschreibung der Hölle19

; dann schildert  er, dem  Koran  und 

nacbkoraniscber Überlieferung folgend, ausführlich  die Sinncsfreuden  der  Seligen 

im  Paradies 40

•  Die byzantinisct,,.11 Polemiker haben  die  Ungerechtigkeit  der 

einseitigen  lutbmpa~m  Mf'barnmcds angeprangert

41

;  aber  sie haben  ihre 

Kritik besonders  gegen die  materialistische  Paradiesesschilderung  und  die 

Hervorhebung der Gaumenfreuden und  der sexuellen Lust gerichtet

42

• Manuel 

weist in 11,4-6 (p. 20,13 sqq. Tr.)  die Ungerechtigkeit  der  Sündererrettung  nach;  in 

Dl,l (p.  26.1 sqq.  Tr.)  zeigt er, von Platon  ausgehend,  die  Irrelevanz  jeder 

Sinnenlust für die Glückseligkeit auf und in lll,2 und 4 (p. 29,26-30,21 und p. 33,1-35,27 Tr.)  widerlegt er mit Argumenten von Ricoldo  • Kydones und Kantakuzcnos 

di„ rnuslirnisct,,. Hnchscblt.zung der sexuellen l..usL Nachdem  Manuel in 111,6.1-7 

(p. 36,34-38,S Tr.)  dargelegt  bat, da8 für die  Tiere,  da  sie  vernunftlos  sind  und 

nicht  auferstehen,  der Genuß der Lust in  der  Sinnenwelt  die  Glückseligkeit 

bedeutet,  wendet der Muterius  in  Dl,6.8 (p.  38,6-13 Tr.)  ein,  daß  viele 

muslirnisclie Gelehrte den  Tieren  Vernunft  zuschreiben.  Diese  Ansicht  dürfte  mit 

dem muslirnisc~n Glauben 7usarntru:nhängen, die Auferstehung  und  das  Jüngste 

Gericht erstrecke  sieb auch  auf  die  Tiere

43

• Die  Lehre  von  der  Tiervernunft 

begegnet in der Antike, z.B. bei Plutarch

44

, und sie wurde als naturphilosophisches 

Problem am byzantinischen Hof in der Mitte des  14. Jahrhunderts  erörtert

45

Manuel widerlegt sie  in IV,2 (p. 40,17 sqq.  Tr.) im Anscblu8 an  Aristoteles  mit 

solcher Ausführlichkeit und Detailliebe, da8 man sich fragen kann, ob ihn nicht 

eher  sein eigenes Interesse an dem 1bema als eine Frage des Mutemea zu seiner 

Darlegung veranla8t  bat

46

• In  V,2 (p. 51,23 sqq. Tr.) eröffnet  Manuel seine 

Polemik gegen die muslhnisc:be1l Glaubenslehren mit der Aufzlhlung einiger nach 

christlicher Auffassung besonders  absurder Legenden über Mohammed und die 

EngeL  Sie  entctammen  fast  alle  den  Überlieferungen  über  Mohammeds 

Himmelfahrt. Auf dieser  wurden ibm Himmel,  Paradies und Hölle  geoffenbart 

und  von  Gott  seine  prophetische  Sendung anvertraut  bzw. bestitigt

47

•  Die 

Überlieferungen  gehen auf Andeutungen im Koran zurück (17,1;  53,1·18)  und 

haben gewöhnlich die möglicherweise unter  dem Einfluß pmajadisdler  Kalifen 

entstandene  Form. daß dem  Aufstieg  in die  Himmel  ein nächtlicher Ritt auf dem 

geflügelten Fabeltier  Burak nach Jerusalem vorausgeht. wo Mphammed alc Imam 

mit  den  um ihn versamm~lten Propheten  von  Abraham  bis  Jesus  gebetet haben 

son

48

• Die Eim.elheiten. die  Manuel  in V,2 ff 2·5, 7-10, 12. 13 (p. 51,31-52,20; p. 

52,26-53,9; p. 53,15-26 Tr.)  aus  diesem  Themenkreis  herausgreift,  hat  er  alle  aus 

Ricoldo • Kydones bzw. Kantakuzenos entlehnt

49

; besonders hervorzuheben  sind 

die Aussagen in  V ,2.2 sq„ da sie  die Präexistenz Mohammeds  vor  der Schöpfung 

implizieren:  Gott habe zu Mnhammed gesagt, "Ich habe alles um  deinet• und dich 

um meinetwillen geschaffen•, und. der  Name  Mohammeds  stehe  am Thron  Gottes 

geschrieben 

50

• Nicht  zur  Überlieferung  von  Mohammeds  Himmelfahrt  gehört  die 

Geschichte  von den  Engeln  Marot  und  Arot  (nach  Koran 2.102) in V,2.11 (p. 53,9

bis 15 Tr.)

51

• Dazu kommt noch in  V,3.10 (p. 55,23-28 Tr.) das aus  dem  Koran 

(54,1 sq.) bekaoote Wunder der Mondspaltuog52. In V,4 (p. 55,28 sqq.  Tr.)  führt 

der  Muterizes die Siege der  Muslime  über  die  Christen  als Beweis für  die 

Wahrheit seiner Religion und als Bestltigung der  Prophetengabe  Mohammeds  an. 

Dieses Erfolgsargument war den byzantinischen Polemikern bekannt; besonders 

ausführlich hat sieb im 9. Jahrhundert  Niketas von Byzanz mit ihm auseinandergesetzt53. Manuel bringt i;n  V,6 und 7 (p. 60,9 sqq. Tr.)  gegen  den  ersten  Teil  der 

These des Muterizes das theologische  Argument seiner  Vorgänger  vor,  daß  irdisches  Wohlergehen  kein Beweis für den  Besitz  des  richtigen  Glaubens  ist, und 

zieht,  etwas boshaft, als  historisches  Beispiel das Geschick der  Juden  in Ägypten 

heran, was die Gleichsetzung der B)'7.antiner mit  dem  auserwählten  Volk  Gottes 

und  die der  Muslime  mit den  Feinden  Gottes,  den Ägyptern, impliziert;  gegen  diesen  Vergleich sträubt sieb verständlicherweise  der  Muterizes  in  V,8 (p. 62,25 sqq. 

Tr.). In V,4.11-18 (p. 57,23 - 58,40 Tr.)  widerlegt  er  den  zweiten  Teil  der  These, 

durch  die Niederlagen  der  Christen  werde  die Prophetengabe  Mohammeds  bewiesen, da er diese vorausgesagt habe. Dabei  geht  er von dem  Begriff der  'Tyche'  aus, 

der  in  der hellenistischen  Epoche  der  Antike  die  Vorstellungen  der  Menschen 

über das Schicksal des Einzelnen und der  Völker  beherrschte:  Da  der  Wechsel  des 

Glücks, eben  die  Tycbe,  in der  Geschichte  der  Völker  allgemein bekannt sei, sei 

die  Vonussagc  eines  solchen Wechsels keine  Prophezeiung.  Wahrscheinlich  hatte 

der Kaiser Äußerungen hellenistischer  Autoren  im Gedächtnis  wie die  des  Demetrios  von Phaleron,  die Polybios 29,21 aus  deMCn Schrift über  die Tyche anführt

54

• 

Dort  spricht  Demetrios  angesichts  der  eben  erfolgten  überraschenden  Vernichtung 

des  Perserreiches  durch Alexander vom  Walten  der  Tyche  in  der  Geschichte  der 

Völker und sagt den Makedonen einen  ähnlichen  Umschwung  des  Glücks voraus  -eine  Vonussage,  die  sieb ca. 150 Jahre  später  zur  Zeit  des  Polybios  mit  dem  Sieg 

der Römer über Perseus erfüllte. In V,3 (p. 53,31 sqq. Tr.)  wird  das  mehrere  Dialoge  übergreifende  Hauptthema  des polemischen  Teils  angeschnitten:  das  Prophetentum  und  das Gesetz Mohammeds. Der Muterizes  führt  in  V ,3.3  (p.  54, 12-16 

Tr.)  als Beweis für  die  prophetische  Sendung  Mohammeds  die  folgenden 

Leistungen  an:  er habe, wie Moses, von dem  Vergangenen berichtet, er  habe  den 

Antichrist  und  seine Bestrafung durch  Jesus  angekündigt,  er  habe  bei  seiner  En

rOckung in den  Himmel  die eschatologischen Geheimnisse und Vorginge gesehen 

und  von Gott erfahren,  und  er  habe  außerdem  das vollkommenste  Gesetz 

gegeben.  Die  Erörterung  des 'Gesetzes'  Mnbammeds wird in  V ,3.4 (p. 54,17 sq. 

Tr.)  und  in Vl,2 (p. 65,23 sqq. Tr.)  auf spiter verschoben;  sie findet im VII. Dialog 

statt.  Von  den  behaupteten  prophetischen  Leistungen  Mohammeds  erldirt 

Manuel  in  V ,3.S (p. 54,21-28 Tr.)  die  Berichte  über  die  Vergangenheit  und die 

Ankündigung  des Antichrist  als Entlehnungen  von den  Christen,  die er  auch  noch 

durch  Änderungen  verdorben  habe.  Die  Wahrheit  der  Entrückung  Mohammeds 

und  die Richtigkeit  seiner  eschatologischen  Aussagen  bestreitet  er  in V ,3.6 und 3.7 

(p. 54,29-55,5  Tr.)  unter  Verweis  auf die schon im II. und m. Dialog  als unhaltbar 

erwiesenen  Lehren  von  der  Errettung  der  rechtgläubigen  Sünder  und  dem Leben 

im Paradies.  Das vom Muterizes in V,4 vorgebrachte  Erfolgsargument  erweist sich 

im folgenden  als irrelevant  (p. 55,28 sqq. Tr.). In V ,3.4 und  ausführlicher  in V ,5 (p. 

54,19-22; 59,26  sqq.  Tr.)  stellt  Manuel  als  Kriterien echten Prophetentums  drei 

Forderungen  auf:  einen  gottgefälligen  Lebenswandel,  die  Erfüllung  von 

Vorhersagen  und  Wundertaten,  und  legt den  Nachdruck  auf •einen prophetischen 

Lebenswandel,  der  von der  Welt  und  allem  Irdischen  frei ist•

55

• Daß  Mohammed 

Wunder  vollbracht  habe,  bestreitet  Manuel  in  V ,3.S (p. 54,24 sq. Tr.) ebenso  wie 

die meisten  seiner byzantinischen Vorgänger  global und  ohne nihere Erldirungen; 

in  V,3.10 (p. 55,18-28 Tr.)  bezeichnet  er  die  von  den  Muslimen zur Verteidigung 

ihres  Propheten  geschilderten  Wunder  als  schändlich  und  nicht  aussprechbar, 

erwihnt  dann aber  spaßeshalber  als  baren  Unsinn  die Mondteilung56. Da  die 

Prophezeiungen  Mohammeds  auch  seine  eschatologischen  Lehren  umfassen, kann 

Manuel  am Anfang  des nächsten  Dialogs, in Vl,1.4 (p. 65,18-22 Tr.),  die bisherigen 

Erörterungen  so  zusammenfassen:  "Schwelgerei und  Lust,  Gewalt  und  Macht  und 

die  anderen  Dinge  von  dieser  Art" seien  keine  göttlichen  Gaben,  wie Mohammed 

gelehrt  habe,  und  dieser  dürfe  deswegen  nicht als Prophet gelten

57

• In Vl,2.1-5 (p. 

65,23-66,28 Tr.)  einigt  man  sich darauf,  das Leben  und  das Gesetz  von  Moses und 

Mohammed  einer  vergleichenden  Prüfung  zu  unterziehen,  um  festzustellen,  wer 

der  bessere  Prophet  und  Gesetzgeber  war. Dabei  macht  Manuel,  in VI,2.3 (p. 66,7-9  Tr.),  eine  Bemerkung  über  das einzuschlagende  Verfahren,  die  ein 

Charakteristikum  seines  Werkes  hervorhebt:  der  Vergleich  solle auf ganz  wenige 

wichtige Punkte beschränkt werden, dann werde  sich  das  Bessere  mit  Klarheit 

ergeben.  Durch die Bcscbrlnknng der Kritik auf wenige Hauptpunkte und die,  für 

heutige I..cscr rnaocbrnal  etwas zu weit gebende,  Ausführlichkeit und  Sorgfalt  der 

Argumentation unterscheidet  sich Maouels Werk  in der Tat  wohltuend  von denen 

seiner Vorgloger. In seiner Kritik an Mnhammcds l..cbeoswandel  in Vl,4.11-14 (p. 

72,23-73,10 Tr.)  übertreibt  Maouel allerdings  diesen Grundsatz  zugunsten  eines 

ziemlich  unfairen  rhetorischen  Tricks. Er spricht  in  Vl,4.11  (p. 72,23-33 Tr.) 

summarisch von  Mnlt•JDDIC'ld~ Habgier,  Schwelgerei,  Blutvergießen,  Unrecht, 

Betrug an seinen Anhlng~m, ohne auch nur die  geringste  Einzelheit  anzuführen, 

auf die sich sein Verdarnrnuopmeil stützt; dafür erwähnt er  dann  in  Vl,4.13 (p. 

72;38-73,7 Tr.)  in  der  rhetorischen  Form der Praeteritio  andeutend,  so  daß  man 

eine Unmenge ähnlicher  Dinge als übergangen  vermuten  muß,  die  schlimmsten 

sexuellen  Verdächtigungen58

. Das ist  umso  erstaunlicher,  als die  byzantinischen 

Polemiker von Anfang an die irn Vergleich  mit  dem  Ideal,  das  Christus  darstellte, 

schlechten  moralischen Eigenschaften Mohammeds,  besonders  seine  angeblichen 

sexuellen  Ausschweifungen  und seine  Grausamkeit,  in  allen  Einzelheiten 

behandelt habcn

59

. Für diese bei ihm ungewöhnliche Dcfizienz  im Argumentieren 

entschädigt  dann  aber Manuel den I..cscr in  Vl,4.21-27 (p. 74,18  sqq.  Tr.)  durch 

eine  solide  moralphilosophische  Erörterung des Problems  der  sittlichen  Bewertung 

von Handlungen. Als der Muterizes ihm seine  eigene  frühere  Äußerung  vorhält, 

man  solle  die moralische Beurteilung von  Handlungen  eher  nach  der  Gesinnung 

des  Handelnden  als nach der  Beschaffenheit  der  Handlungen  ausrichten,  legt  er 

dar, da8 die Gesinnung aus  dem  l..ebenswandel  des  Handelnden,  d.h.  aus  dem 

Überwiegen von guten oder  schlechten  Handlungen  in  seinem  bisherigen  Leben, 

zu  erschließen  sei;  für  ihn  steht  fest,  da8 Mohammed  auch  nach  diesem 

differenzierenden  Bcurteihmgcrnaßs\ab  moralisch verdammt  werden  muß.  Mit 

dem  Vergleich  der Gesetze von  Moses,  Christus  und  Mohammed  irn VII.  Dialog 

ist der Höhepunkt des polemischen Teils des Werkes  erreicht

60

• Hier  läßt  Manuel 

endlich  auch  den  Muterizes wieder  in  einer  längeren  Ausführung  zu  Wort 

kommen  und die  Unterschiede  und  Vorzüge  seines  Gesetzes  gegenüber  den 

beiden  anderen  darlegen,  VII,2.2-2.11 (p. 80,1-81,40 Tr.). Er selbst  entwickelt  dagegen  in zwei etwa gleich langen  Abschnitten,  einem  apologetischen  in VII,3 und  4 

(p. 82.1 sqq.  Tr.) und einem  zweigeteilten polemischen in VIl,1  und  5/6  (p.  78,1-79,33  und  89,5 sqq.  Tr.),  die  christliche  Position  mit  größter  Klarheit,  wenn  auch 

nicht  ohne  Weitschweifigkeit;  die  Klarheit  erreicht  er durch  die Beschrlntung auf 

wenige  Postulate  aus  dem  ethischen  Bereich. So treten, wie Khowy 7.eigt6

1

, in der 

Auseinandersetzung  deutlich  die  grundlegenden  dogmatischen Untenchiede  zwischen  den  beiden  Religionen  zutage:  der  Islam  kennt  nicht  die Erbsünde mit  der 

Notwendigkeit der Erlösung, nicht das Streben  nach Angleichung an  Gott  und 

mystischer Sohnschaft in  der  imitatio  Christi.  Von  Manuels  christlichem 

Standpunkt aus  ist das Gesetz Mohammeds  ein  Rückfall  zu dem  und sogar hinter 

das mosaische Gesetz.  Mohammed  hat, legt  Manuel  in VII,5.9/10 (p. 90,26-40 Tr.) 

dar, gewisse Bestimmungen  aus  dem mosaischen Gesetz,  die  Christus abgeschafft 

bzw. zu  einem  geistlichen  Sinn  sublimiert  hat,  übernommen, wie das  Verbot  des 

Genusses  von  Schweinefleisch,  die  Schwagerehe

62

,  das Recht der  Talion. Als 

Beispiel  dafür,  daß  Mohammeds  eigene Zusät7.e zu  dem  mosaischen  Gesetz 

"schlecht  und  menschenfeindlich•  sind, führt er  in  Vß,1.5-7 (p. 79,4-23  Tr.)  die 

Aufforderung  zur  gewaltsamen  Ausbreitung  des  Glaubens an. Bei diesem  Standardthema  der  byzantinischen PolemiJc63 erliegt  Manuel  denselben Mißverständnissen  wie  seine  Vorgänger:  die  Aufforderung  zum  Töten  richtete  sich  gegen  die 

heidnischen  und  jüdischen  Feinde  der  jungen  islamischen  Gemeinde,  nicht gegen 

die  Christen;  die  Vorzugsbehandlung  der Schriftbesit7.er und  Zoroastrier,  die 

Dhimma,  hatte  ihren  Grund  natürlich  nicht in skrupelloser  Habgier,  sondern  in einer  gewissen  Respektierung  der  Religion  dieser  Gruppen

64

• In Vlß,1.3-5 (p. 

95,18-96,4 Tr.)  versuchen  der  Muterizes  und  seine  Begleiter,  den  Prophetenrang 

Mohammeds  dadurch  zu  beweisen, daß sie  die  Paraklet  - Verheißung  des 

Johannesevangeliums  (14,16  sq. 25  sq.;  15,26; 16,7 sqq.) auf ihn  beziehen.  Unter 

den  zahlreichen  Stellen  aus  Altem  und  Neuem  Testament,  die  die  muslimischen 

Apologeten,  oft  mit  Benutzung  entsprechender  christlicher  Sammlungen  von 

Messiasprophezeiungen,  als Vorankündigungen ihres Propheten  zuummengestellt 

haben,  ist  dies  die  wichtigste

65

• Im Koran  wird zwar mehrmals  allgemein  gesagt, 

daß  Mohammed  im Alten  und Neuen  Testament  angekündigt  wird, aber  nur  diese 

Stelle wird in  Sure  61,6 ausdrilcklicb angefilbrt66;  bei  der  Identifizierung  von 

MC'bammed mit dem  Parakleten  könnte·  die  arabische bzw.  hebräische 

Übersetzung  des  griecbiscbeo  Begriffs eine  Rolle  gespielt  baben

67

•  Die 

christlichen Polemiker  \IOI'  Manucl haben  diese  muslimischen Behauptungen 

empört und meist, ohne auf Eimelheiten einzugehen, zurückgewiesen

68

• Manuels 

Empörung steigert  sieb zu spitzfindiger OchiMigkeit. Er verwendet,  in VII,2.9 und 

10 (p.  98,3-22 Tr.), .wenige  Worte auf die  Widerlegung  der  muslimischen 

Interpretation  der  Stelle,  aber  er  leitet sie in Vß,2.2-2.8 (p. 96,28-98,2 Tr.)  mit 

einer moralpbilosophiscben Betrachtung über das sieb  selbst  entlarvende  Wesen 

der Lüge ein und Wlt in Vll,3 (p. 99,4 sqq. Tr.)  eine  weitausgreifende  theologische 

Argumentation folgen,  in der  er zeigt, daß Mohammed durch  seine  Identifizierung 

mit  dem Parakleten, der als Heiliger  Geist  Gott  ist, den  größten,  dem  Sündenfall 

der  ersten Menschen gleichwertigen,  Frevel  begeht  und daß ihn dazu  der Satan in 

lhnlich  raffinierter  Weise  angestiftet  hat, wie er Adam  und  Eva verführt  hat. 

Manuels  Interesse  an  der  Philosophie  tritt  an  mehreren  Stellen  des  Werkes  deutlich hervor;  so gleich  zu Anfang in der  universalen  Formulierung  des Themas  der 

Erörterungen:  In  1,1.7 (p. 9,7-11 Tr.) läßt er  den  Muterizes  den  Wunsch  äußern, 

"eure Ansichten zu erfahren über  die  Natur  der  Engel,  über  den  Autbau  des  Himmels,  der  Erde und dieser ganzen sichtbaren  Welt,  dann  alles  zu  erörtern  bis  zur 

Auferstehung selbst und dem dann bestehenden  Zustand  und  der jedem  einzelnen 

für seine  Taten  zuteil  werdenden  Vergeltung. . ." Bei der Einschränkung des universalen  Themas auf die biblische Urgeschichte  am Anfang  des ß. Dialogs,  in II, 1.1-6 

(p. 15,1 sqq. Tr.),  bringt  Manuel  zwei Themen  zur Sprache,  die  er als zu schwierig 

verwirft,  ein naturphilosophisches  und ein  erkenntnistheoretisches.  In II, 1.2  (p. 

15,13-22 Tr.)  spricht  er  über  die  Natur  und  das  Ineinanderübergehen  der  Elemente; dabei folgt  er  der  aristotelischen  Elementenlehre,  nach  der  die  vier  Elemente Feuer,  Luft,  Wasser und Erde  sich jeweils aus einem  Paar  der  vier  Körperqualitäten  warm, kalt, feucht  und  trocken  zusammensetzen

69

• Das  mit  dem 

Thema  der  Elemente  verbundene  erkenntnistheoretische  Problem,  daß  wir  nämlich  nicht wissen, wie  die  Elemente  bei  dem  ständigen  Wandel  dennoch in einem 

konstanten  Verhältnis  zueinander  erhalten  bleiben,  wird hier  und  in 1,3.18 sq. nur 

angedeutet.  In  IX,3.11 wird  es  deutlich  ausgesprochen  und  in  einen  weiteren  Zusammenhang  gestellt,  IX,3.10-12 (p. 109,35 sqq.  Tr.):  Die  Menschen  kennen  das 

Wesen und die Gründe der geschaffenen Dinge  nicht. Im ll. und IX. Dialog haben 

diese Betrachtungen eine theologische  Zielsetzung: Wenn wir schon  die geschaffenen  Dinge  nicht  richtig  verstehen,  so  können wir erst recht nicht das Prinzip  von 

Gottes Sch6pfung oder sein  Wesen  erkennen.  Daß Manuel bei der Widerlegung 

der  Lehre  von der  Tiervemunft  im IV. Dialog  ein starkes naturpbilosophisches  Interesse zeigt, wurde  oben gesagt. In  IV,29-19 (p. 41,31 sqq. Tr.)  spricht  er, hauptsächlich  im Anschluß an Aristoteles  Phys. 199~32,  über  die zweckmäßigen Verhaltensweisen  von Tieren und POan:zen

70

• Was  Aristoteles  als zweckbestimmtes 

Handeln  von Naturgebilden  bezeichnet,  nennt  er  vemunftgernlßH,  aber  nicht  rnit 

Vernunft  vollzogenes Tun 

71

• Von den  anderen  oben  genannten Themen erhilt die 

Behandlung  der  Sinnenlust  in m, 1 durch  die Anlehnung  an  Platon,  Philebos  31 e -32 e,  einen moralpbilosophischen Charakter; die  Darlegungen  in  V,4.11  sq.  über 

die  Rolle  der  'Tycbe'  kann  man  im weiteren  Sinn als geschiclrtspbilosophisch bezeichnen. 

4. Fiktion ud  Wlrkllchkelt: der literarische Charakter des Werks. 

Trapp  stellt  zu Recht die psychologische  Glaubwürdigkeit  in Manuels Dantellung 

der  Diskussion  rnit dem Muterizes heraus 

72

: Der  Muterizes, dessen neugieriges Interesse am  Christentum  die Gespräche in Gang setzt, erkennt  in den  ersten  4 Dialogen  die  Einwände und  Widerlegungen  Manuels  weitgehend  an,  weicht  seinen 

Angriffen  aus  und  stellt  immer  neue  Fragen.  Erst  beim Angriff Manuels  auf  den 

Propheten  und  sein  Gesetz  in  den  Dialogen  V bis  VII  geht  er zum Gegenangriff 

über  und bringt größere Einwendungen  vor: das Erfolpargument  in V,4, die Kritik 

an  der  Überspanntheit  des  christlichen  Gesetzes  in VIl,2 und  die  Beziehung  der 

Parakletverheißung  auf Mnbamrned in  Vlll,1.  Nach  der  Widerlegung  dieser Argumente  bekundet  er durch  eine Beispielerziblung am Ende  des VIII. Dialop und 

wiederum  in IX,2 seinen Zweifel  an  der  Möglichkeit  sicheren  Glaubens.  Der 

Nachweis  des  Gegenteils  durch  Manuel  im IX. Dialog  erschüttert  ihn,  IX,5.1 und 

I.X,6, und macht  ihn empfänglich  für die folgende  Apologie  des Christentums.  Hier 

zeigt er ein ähnliches  Verhalten  wie im ersten  Teil. Er macht nur  kleinere  Einwendungen,  gibt dann nach  und  stellt  weitere  Fragen.  Erst  auf dern Höhepunkt dieses 

Teils, bei  der  Behandlung  der  Soteriologie  in den  Dialogen  XXI  - XXIV,  bringt  er

wichtige Gegenargumente, so in XXl,2, 3 und S und in XXIIl,1 und 2. Trapp 

schließt seinen Überblick mit den Worten: "Die scbließliche  Spontanbekehrung 

wirkt ebenso wirltlicbbitsnab wie das neuerliche Erwachen des Zweifels am Ende 

der Dialogc ..  :

73

. Die Wirklicbbitsnlhc  dieser vorllufigen  Bekehrung  muß  man 

aber  eher auf Maouels literarische Flhiglteiten als auf die Realitlt des Ereignisses 

zurückführen, und zwar aus folgendem Grund:  Der Muterizes wird  nicht  nur  von 

seinen Söhnen, sond~  gewöhnlich auch von einer  Schar  von 'Anhängern'  begleitet. Es sind gebildete, angesehene Männer aus der  Stadt AnJcyra und aus den  umliegenden Gegenden. Mit ihnen bespricht  er  das weitere  Vorgehen  in der  Diskussion  in  persischer und arabischer  Sprache;  sie äußern ihr Mißfallen,  gelegentlich 

ergreifen  einer  oder  einige von  ihnen  das  Wort

74

•  Die  Hinweise  auf  diese 

Begleiter  und  ihre Reaktionen beginnen  nach dem ersten  großen  Angriff Manuels 

auf das Prophetentum Mohammeds in V,3.10 (p. 55,18-23 Tr.);  sie sind besonders 

dicht  im  apologetischen Teil. wo  auch  zweimal  ihre  große Zahl hervorgehoben 

wird75

•  Wenn  sich  der Muterizes in  XXVI.4 (p.  298,20  sqq.  Tr.)  vor  dieser 

zahlreichen  Versammltmg von  theologisch  gebildeten,  hochstehenden  Leuten, 

gewissermaßen  vor einem Gremium  von  Fachleuten,  zum  Christentum  bekennt, 

begeht  er  die größte Sünde, die  der  Islam  kennt,  die  Apostasie;  auf  sie  steht  die 

Todesstrafe 

76

•  Die  Realität  dieser  Bekehrung  in  einer  halb-öffentlichen 

Ven:ammlu.ng ist also ganz unwahrscheinlich, und ebenso  sind Zweifel angebracht 

an  den  Andeutungen  auf eine Hinneigung  des Muterizes zum  Christentum,  die 

sich verstreut  in dem Werk finden 77. Hinter  dieser  Fiktion  verbirgt  sich eine  noch 

weiter  reichende  Unwahrheit.  Manuel  beklagt  sich  immer  wieder  über  die 

Unfähigkeit bzw. mangelnde Bereitschaft  des Muterizes, die  logische  Schlußfolgerung aus zugestandenen  Prämissen zu akzeptieren. "So schwierig und zugleich 

unerfreulich  ist es, sieb mit Barbaren zu unterreden,  auch wenn sie zu den  Weisen 

bei ihnen gehören", ruft er  verzweifelt  in Xlß,6.3 (p.  168,15 sq. Tr.)  aus. Dagegen 

läßt er den Mutem.es in  XXIII,2.1  (p. 271,34-37 Tr.)  die Weisheit und überuugende Argumentationmmst  der Griechen widerwillig anerkennen. Da nun  die Unfähigkeit zur  Verteidigung der eigenen  und  zur Beklmpfung der christlichen  Religion  sieb  auch auf den illustren  Zuhörerkreis  erstreckt  und das Oberhaupt,  an 

dessen  "Zunge  alle  Richter und Lehrer  der  dortigen  Weisheit (hingen>■, sich  am 

Ende sogar zum  Christentum  bekehrt,  hat  Manuel  damit sozusagen in nuc:e die 

game islamische  Theologie  besiegt. Doch das Bild  von  dem niedrigen Diskussionsniveau  der  muslimischen  Theologen, das Manuel uichnet,  ist falsch und ungerecht.  Die  islamische  Theologie  hat sich aus der gleichen Quelle  wie das orthodoxe 

Christentum,  wenn  auch  mit  etwas  anderer Auswahl, sehr  &üb einen  hohen 

philosophischen  Standard  angeeignet,  nämlich  aus  der griechischen Philosophie. 

Im 10. Jahrhundert  lagen  alle  Werke  des  Aristoteles  in vorzüglichen  Übersetzungen vor;  die  aristotelische Logik bildet  seit dieser  Zeit  bis heute  einen  integrierenden  Bestandteil  wissenschaftlicher  Methode  in der  islamischen  Theologie

78

• Zwischen  dem  9.  und  14.  Jahrhundert  sind  große  Werke der Koranexegese, von 

aristotelischer  Philosophie geprägte Dogmatiken, bedeutende apologetische und 

polemische  Abhandlungen  entstanden,  die  bis heute  den  theologischen  Unterricht 

bestimmen 

79

• Es  ist unmöglich, daß der  aus  Bagdad  gekommene  hochangesehene 

Lehrer  der  Theologie  und  sein Kreis die für eine  Diskussion  mit Christen  einschlägigen  Werke  nicht  oder  so schlecht  kannten,  daß  sie  sich gegen  Manuels  Angriffe 

und  Darlegungen  nicht  recht  zur  Wehr  setzen  konnten.  Daraus  folgt, daß man für 

das game  Werk  mit  einer  sehr  starken  tendenziösen  Entstellung  zugunsten  des 

Christentums  rechnen  muß:  Manuels  Sieg  über  den Muterius  und  seine 

Glaubensbrüder  ist ein  literarischer  Triumph.  Für  Manuel  ist es auch ein Triumph 

der  griechischen  Sprache,  d.h.  der  von  den  gebildeten  Byzantinern  gebrauchten, 

aus  der  Nachahmung  antiker  Vorbilder  entwickelten  attizistischen 

Kunstsprache

80

• Er  erklärt  im Vorwort, f 11- 13 (p. 7,9-18 Tr.),  der  Muterizes als 

Angehöriger  eines  Barbarenvolkes,  der  eine  barbarische  ( d.h.  nichtgriechiscbe) 

Sprache  spricht,  sei nicht  in der  Lage gewesen,  den  in den  Heiligen "Schriften verborgenen  göttlichen Sinn" zu  erfassen;  die  türkischen  Dolmetscher  bitten  ihn  oft 

nicht verstanden,  wenn  er "nicht ganz  irdisch  und  bodenverhaftet,  sondern kühner 

und erhabener  sprechen wollte" (&erade  darauf  seien sie, die Griechen, ja  besonders stolz). Bei der Kritik an der angeblichen Vorschrift  von  Mohammeds  Geset7., den  Glauben mit Gewalt m verbreiten, sagt Manuel,  VIl,1.6  (p. 79,13 sq. Tr.): 

"Wer mm Glauben hinführen will, braucht eine gute Sprache und  eine  rechte  Gesinrnmg ...  •;erdenkt  dabei an die byzantinischen Christen  und  an sich selbst In einem Brief. den er zuumme~ mit einer theologischen  Abhandlung  an  den  Erzbischof von 'Ibessal~  Gabriel, zwischen ca. 1408 und  1410 sandte,  spricht  er 

deutlich  aus, welche Bedeutung diese Kunstsprache für die Byzantiner hatte

81

: "Es 

ist gut, wenn alle, die sich der Redekunst widmen, mit allem  Eifer  den  auf diesem 

Gebiet  führenden Mlnnem (seil des Altertwm) als  ihren  Vorbildern  nacheifern; 

aber  sie milsse'l dabei  genau wissen, daß  sie  sie  nicht  erreichen  können  ... Soweit 

sind die Hervorbringungen unserer Zeit unterlegen,  daß,  wenn  Zwang  bestünde, 

entweder wie jene Mlnner m schreiben,  die  Schüler  des  Hermes  und  der  Musen 

waren, oder  überhaupt  nicht  zu schreiben,  kein  einziger  heutzutage  ein  Wort  hervorbringen würde, da es nicht  möglich ist,  nach  dem  Qualitätsstandard  dieser 

Leute zu sprechen. Aber  wenn wir uns  in dieser  Weise vom  Schreiben  fernhalten, 

geht  uns  die Bildung so weit  verloren,  daß wir auch  die  Glaubenssätze  nicht  klar 

verstehen  können,  die  es  uns erst ermöglichen,  richtig  fromm  zu  sein.  Da  ich  das 

weiß, mein Lieber, halte  ich am Schreiben fest, nicht so sehr, wie es nötig ist, sondern  so, wie es  die  Zeit zull8t, damit  ich meinen  Untertanen  ein  Vorbild  bin  in 

der Liebe zur Literatur und sie nicht völlig barbarisch  werden  durch  den ständigen 

Umgang ...Ut  Barbaren.• 

5. Oberuerenaq.  Art ud Plu der Aupbe. 

Der Text der  vorliegenden  Ausgabe folgt, mit wenigen  Korrekturen,  der  vorzüglichen  Edition  von  Trapp,  der  auch  die  Überlieferungsverhältnisse  geklärt  hat

82

• 

Daraus,  daß  das  Werk  im  Gegensatz  zu  anderen  Schriften  Manuels  nur  in  einer 

Handschrift aus byzantinischer Zeit  auf uns gekommen ist, schließt  Trapp,  daß  es 

nur für den  Bruder,  nicht  zur  Veröffentlichung  bestimmt  war,  möglicherweise mit 

Rücksicht auf die Person  des Muterizes83

• 

Die  Handschriften:  1. Ambrosianus  graecus  L  74  Sup.  aus  dem  Anfang  des  15. 

Jahrhunderts;  der Kodex wurde  1606 aus Chios  nach  Mailand  gebracht.  "Der  Kodex ist praktisch fehlerfrei  von einer  Hand  geschrieben  und geht wahrscheinlich  direkt auf das Original zurück.• 

2. Parisinus graecus 1253, "wohl vor 1541 auf Chios geschrieben•,  ist, wie Trapp aus 

Abschreibfeblem  beweist,  eine Abschrift des Ambrosianus. 

3. Parisinus CoisJinianus 130, wahrscheinlich 1541 von Jakob  Diassorenos  in Chios 

geschrieben,  ist auf Grund  von Binde-und  Abschreibfeblem  von Trapp als Kopie 

von Paris. graec.  1253 erwiesen

84

• 

Um  eine Übersicht über  die weitläufigen, durch  Wiederholungen  und Exkurse oft 

unüberschaubaren  Darlegungen  Manuels  zu  geben  und  eine  partielle,  themenbezogene  Lektüre  zu ermöglichen,  habe  ich den Text  der  einzelnen  Dialoge  in Kapitel  und  Paragraphen  eingeteilt  und  den  Kapitelinhalt  in Überschriften angegeben; 

im  griechischen  Text  habe  ich  die  Seitenanfänge  der  Trappschen  Ausgabe  in 

Klammem  beigefügt.  Die  Anmerkungen  zum Text bringen  Stellenangaben  und 

kurze  Erläuterungen.  Die  Ausgabe  ist auf drei Bände angelegt.  Band  1 enthält  die 

Dialoge  I  - IX;  Band  2 wird  die  Dialoge  X - XVII,  Band  3 die  Dialoge  XVIII  bis 

XXVI und  Indices enthalten. 



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